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Bei Öffentlichkeit Moral

Veröffentlicht am 05.06.2018

Samstag, 26.05.18, 9.30 Uhr, Flughafen Düsseldorf. Ich beobachte wie sich Fluggast Andreas Frege vor dem Gate auf einem der Stühle im vollbesetzten Wartebereich fläzt. Direkt neben seinem Kopf prangt unübersehbar ein blaues Piktogram, das diesen von Herrn Frege besetzten Platz als für Schwerbehinderte reserviert ausweist. 

Das ist nichts besonderes denken Sie?  Ein leider völlig normal gewordenes, rücksichtsloses und ignorantes Verhalten!? Mag sein, bekommt aber vielleicht eine etwas andere Bedeutung wenn man weiß, dass der bürgerliche Name Andreas Frege zu Campino, dem Frontmann der Toten Hosen gehört, der gemessen an seiner Agilität auf der Bühne vermutlich eher nicht als behindert einzustufen ist. Jener Campino, der im April mit seiner Rede im Rahmen der ECHO Preisverleihung wohl maßgeblich zum dauerhaften Aus für diesen Musikpreis beigetragen hat. Ohne Zweifel war es mehr als überfällig und durchaus angemessen die Auszeichnung zweier anderer Musiker zu kritisieren, die sich in Ihren Texten mit rassistischen und diskriminierenden Texten profilieren. Denn es liegt der Verdacht nahe, dass diese Form der Provokation doch eher einen kommerziellen Hintergrund hat. Da ist es sehr wohltuend, wenn ein sehr erfahrener und erfolgreicher Musiker wie Campino die eigene "moralische Schmerzgrenze" als überschritten betrachtet und dies deutlich zum Ausdruck bringt. Das verdient Respekt und Anerkennung. Umso bedauerlicher ist es dann aber, wenn für Campino scheinbar ausserhalb der großen Öffentlichkeit die Rolle der moralischen Institution nicht mehr höchste Priorität hat. Nun will ich ihm gerne positiv unterstellen, dass er unverzüglich Platz gemacht hätte, wenn ein behinderter Mensch den Platz für sich eingefordert hätte. Sicherlich war es auch nur ein Versehen, dass es in seiner Rede "um frauenverachtende, homophobe, rechtsextreme, antisemitische Beleidigungen geht und auch um die Diskriminierung jeder anderen Religionsform", Menschen mit Behinderung dabei aber leider unberücksichtigt blieben. 

Er räumte ja auch selber ein nicht "die Bundesprüfstelle und ... auch nicht die Ethikkommission" zu sein. Das darf man ihm durchaus so abnehmen. Schliesslich hat er in der Vergangenheit bereits bei anderen, vermutlich gut gemeinten Initiativen Kritik hinnehmen müssen, weil man ihm die Positionierung als Gutbürger nicht vorbehaltlos abgenommen hat. Er scheint aus diesen Erfahrungen ein wenig gelernt zu haben. Es bleibt ihm zu wünschen, dass er diesen Lernprozess fortführt und sich zukünftig bemüht, seinen eigenen ethisch-moralischen Schmerzgrenzen auch dann Beachtung zu schenken, wenn die ganz große Öffentlichkeit gerade nicht gegeben ist. Denn die Gewissheit, sich ethisch-moralisch richtig verhalten zu haben, kann ein sehr erfüllendes Gefühl sein. Auch ohne Publikum. 

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